Wir wählen unsere Reiseroute wieder mal anhand der Wetterkarte aus.
Eigentlich hätten wir gerne noch ein paar Bike- und Wander-Touren in den Abruzzen gemacht, aber es ist einfach noch zu frisch und in der Höhe liegt vielerorts noch Schnee.
Auch auf dem schönen Platz, auf dem wir nun fünf Nächte verbracht haben, lag bis vor kurzem gemäss den Betreibern noch ein Meter Schnee!
So brechen wir auf und erklären die Region um Gargano zu unserem Tagesziel. Gargano ist ein Nationalpark, ein nördliches Vorgebirge Apuliens an der Ostküste von Italien und wird auch als der „Sporn“ des Stiefels von Italien bezeichnet.
Eine sehr schöne Gegend!
Die unzähligen Campingplätze lassen erahnen, wie viele Leute im Sommer hier ihre Ferien verbringen. Zur Zeit jedoch sieht alles wie ausgestorben aus und alle haben sie noch geschlossen. Auch derjenige, der gemäss Internet eigentlich hätte geöffnet sein sollen.
So greifen wir wieder auf unser App „park4night“ zurück und suchen anstelle eines Campingplatzes halt einen Stellplatz. Manchmal ist dies einfach nur ein Parkplatz aber oftmals sind es wirklich tolle Plätze in der Natur, auf denen man eine oder zwei Nächte verbringen darf. Allerdings ohne Sanitäranlagen.
Über diese App haben wir jedenfalls schon viele schöne Plätze „gefunden“.
Bei der Wahl helfen uns dann jeweils auch die Kommentare der anderen Camper. Derjenige, den wir nun also anpeilen, tönt vielversprechend von der Lage her. Doch aus den Kommentaren werden wir nicht schlau… diverse warnen vor einem Mann mit Hund, der Abends vorbeikommt und „Schutzgeld“ einzieht. Andere bezeichnen ihn gar als „die Mafia“. Bezahlst Du den geforderten Betrag nicht, hättest Du am nächsten Morgen aufgeschlitzte Reifen!
In andern Kommentaren überwiegt allerdings das Lob für die schöne Aussicht.
Nun, da es nicht viele Alternativen gibt, wagen wir es trotzdem, diesen Platz aufzusuchen. Wir sind ja mutig! ;-)
Da, ein schönes farbiges Schild am Strassenrand weist sogar sehr einladend auf den besagten Platz hin. Eine holprige Schotterstrasse führt von der Strasse weg. Wir sind gleich da. Nach ein paar Metern bemerken wir, dass wir verfolgt werden. Es ist zwar keine schwarze Limousine mit getönten Scheiben, aber der kleine weisse Fiat Panda hat es offensichtlich auf uns abgesehen. Wir fahren langsam und gespannt weiter.
Ohh, der Weg führt uns auf eine wunderschöne grosse weite Fläche. Wir halten kurz an, wissen gar nicht so recht, wo wir uns da platzieren sollen. Das Auto hinter uns hält auch an.
Wir fahren noch ein Stück weiter und halten wieder an. Der weisse Fiat folgt uns und parkt direkt neben uns.
So, jetzt werden wir herausfinden, was es mit dem Mafiosi auf sich hat! Ein grosser Hund schaut zum Fenster raus und ein bärtiger Mann lässt die Fahrerscheibe runter.
Er fragt uns, woher wir von dem Platz wüssten. Als wir ihm antworten von dem App „park4night“ meint er freundlich und mit einem Lächeln: „Non sono un mafioso!“ (Ich bin kein Mafiosi)
Anscheinend weiss er von den Kommentaren zu diesem Platz.
Freundlich weist er uns darauf hin, dass dies alles ein Privatgrundstück sei und er eine Gebühr von 10 Euro erhebe für die Übernachtung. Wenn dies jemand nicht bezahlen will, dann sei er eben gleich ein Mafiosi, erklärt er sich die negativen Kommentare.
Für uns jedenfalls kein Problem, das zahlen wir doch gerne für solch einen einzigartigen grossen Stellplatz ganz für uns alleine!
Er nimmt das Geld und verschwindet wieder.
Wer die Wahl hat, hat die Qual. Das giltet auch, wer so viel Platz zur Auswahl hat. Wo sollen wir nur den Bus hinstellen? Nach einigem Herumkurven, Nivellierungstests und der Kontrolle, woher der Wind kommt, stellen wir den Motor ab und das Dach auf.
Die Nacht ist windig und regnerisch.
Auch der nächste Morgen beginnt mit Wind und Regen, doch man hat das Gefühl, die Wolken schwinden nach und nach. Es gibt sogar einen Regenbogen. Bei genauem Hinschauen, kannst Du ihn sogar erkennen. Unser Bus steht schön darunter! 😊
Wir geniessen nach dem Aufstehen kurz die frische Morgenluft, sind also beide draussen, als Peter mich plötzlich nach dem Autoschlüssel fragt. Warum? Es ist doch nicht abgeschlossen?
Schreckensszenario!! Es sind tatsächlich alle Türen unseres T6 abgeriegelt, wir noch im Pijama, das Wetter windig und ein erneuter Wolkenbruch jederzeit möglich und weit und breit keine Menschenseele!
Wir schauen einander an und wissen zeitgleich: Jetzt ist der Moment gekommen!!!
Der Moment, wo unser Reserveschlüssel, den wir für alle Fälle im Aussenbereich des Autos versteckt haben zum Einsatz kommt. 😊 Huch, sind wir froh und erleichtert!
Eigentlich dachten wir bei der Vorsorge eher daran, dass wir den Schlüssel evt mal auf einer Wanderung oder Biketour verlieren könnten.
So konnte uns dieser anfängliche Schrecken den Appetit nicht verderben und wir geniessen das Morgenessen windgeschützt und an der Wärme im Büsli.
Plötzlich vernehmen wir jedoch ein seltsames Geräusch… Es kommt näher und wird immer deutlicher, bis wir es als Glockengebimmel identifizieren können. Und dann sehen wir sie. Eine Ziegenherde unter der Obhut von fünf Hunden ist im Anmarsch.
Sie schleichen jedenfalls um unser Büsli und platzieren sich schlussendlich genau vor unserem Ausgang, um uns ja schön im Auge zu behalten, während die Ziegen das Gras mähen.
Wir spielen derweil ein Kartenspiel, öffnen zwischendurch die Schiebetüre und wechseln ein paar freundliche Worte mit den Hunden…
Als wir ein Foto in unseren Family-Chat stellen, meint unsere Tochter: „Die sind ja zuckersüss“!
Nun, wir lassen und nicht auf einen Test ein. Hmm, soo mutig sind wir wohl doch nicht…🤔 Sie sehen zwar ganz harmlos und scheinheilig aus, aber wehe, wenn wir einen Fuss nach draussen setzen würden… Das ist jedenfalls unsere Vorstellung und Erfahrung mit diesen Hunden.
Zu unserem Glück zotteln die Ziegen irgendeinmal weiter und die Hunde ihnen hinterher.
Wir packen zusammen und verlassen diesen schönen Fleck Erde. Bei der Abfahrt treffen wir wieder auf die Ziegenherde, welche wir ganz langsam überholen. Und tatsächlich attackiert doch einer der Hunde das Büsli. War wohl doch gut, dass wir schön drinnen blieben, getreu dem Motto: lieber feig als tot.
Auf der Weiterfahrt geniessen wir die schöne Gegend.
Unterwegs machen wir noch einen Abstecher nach Vieste. Ein hübsches Städtchen mit vielen vielen schmalen weissen Gässchen.
Die letzten Sonnenstrahlen geniessen wir hier auf dieser Anhöhe. Mit der offiziellen Erlaubnis des Bauern dürfen wir auch gleich hier übernachten. Während er die Tränke seiner Kühe mit Wasser füllt, offerieren wir ihm zum Dank ein Glas Rotwein…
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